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01.02.2022 | 07:00 Uhr
Berlin (ots) -
Die FDP kritisiert den Vorschlag, mehr Tierschutz durch eine Abgabe auf Fleisch zu finanzieren. "Wir Liberale stehen einer Abgabe oder Steuer auf Fleisch für mehr Tierschutz in der Landwirtschaft sehr skeptisch gegenüber", sagte die für das Thema zuständige Vize-Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Carina Konrad, der Tageszeitung "taz" (Dienstagausgabe). Ihre Partei, die sich im Wahlkampf mehrmals gegen Steuererhöhungen ausgesprochen hat, verfügt in der Ampelkoalition über ein Vetorecht.
"Schon heute bestehen landwirtschaftliche Einkommen teilweise zu mehr als der Hälfte aus staatlichen Zuschüssen. Wir wollen ja aber gerade mehr Unabhängigkeit erreichen", begründete Konrad ihre Ablehnung. "Deshalb sind wir grundsätzlich darauf aus, dass die Markteilnehmer selbst privatwirtschaftliche Lösungen finden. Das kann ein Vertragssystem sein, das kann ein Fonds sein, den es schon so ähnlich über die Initiative Tierwohl gibt." Über diese Organisation bezahlen Lidl, Edeka und andere Handelskonzerne Landwirte dafür, dass sie ihre Schweine, Hähnchen und Puten artgerechter halten, zum Beispiel mit mehr Platz im Stall oder mit Auslauf im Freien. "Vielleicht müssen wir solche Ansätze weiterdenken: Für alle Tierarten, für Zeiträume, die die Planbarkeit für die notwendigen Investitionen verbessern", so Konrad.
Damit widerspricht die FDP-Politikerin der Kommission unter dem ehemaligen CDU-Bundesagrarminister Jochen Borchert zum Umbau der Tierhaltung. Das überparteiliche Gremium hatte eine staatliche Abgabe oder Steuer empfohlen, um die ihrer Schätzung nach jährlich benötigten 3,6 Milliarden Euro einzunehmen. Sowohl der Deutsche Bauernverband als auch die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) unterstützen das. Der neue Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) hat sich offen gezeigt für die Vorschläge der Kommission, sich aber noch nicht klar positioniert, auf welchem Weg er die Bauern beim Umbau der Tierhaltung finanziell unterstützen will. Auch die SPD hat sich noch nicht festgelegt.
Von der taz nach der Tierwohlabgabe gefragt, antwortete FDP-Politikerin Konrad zwar, noch blieben alle Optionen. Doch die Rheinland-Pfälzerin nannte vor allem Argumente gegen diese Lösung: "Mit einer Tierwohlabgabe, die pauschal und langfristig die Produktion unterstützt, unabhängig von der Nachfrage, würden wir eine Art Tierhaltungs-Direktzahlung schaffen", sagte sie in Anspielung auf die wichtigste Art Agrarsubventionen. Diese ist umstritten, weil sie vor allem pro Hektar gezahlt wird, weitgehend unabhängig davon, wie umweltfreundlich das Land bewirtschaftet wird. "Wir laufen Gefahr, Fehlanreize zu schaffen und Landwirten falsche Versprechungen zu machen. Dann haben wir keine Butterberge, sondern Fleischberge", warnte Konrad.
AbL-Vorsitzender Martin Schulz kritisierte, es sei "sehr unwahrscheinlich", dass über private Lösungen genügend Geld für den Umbau der Tierhaltung eingenommen werden könne. Die Initiative Tierwohl habe nur 130 Millionen Euro pro Jahr gezahlt, nötig seien 4 Milliarden Euro.
"Privatwirtschaftliche Komponenten müssen unbedingt Teil der Lösung sein, aber alleine damit wird es sehr schwierig", teilte Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, der taz mit. "Es müssten alle Marktbeteiligten mitziehen". Die Initiative Tierwohl erfasst bislang nur den Lebensmitteleinzelhandel, der lediglich ein Drittel des Schweinefleisches aus Deutschland verkauft. Die Gastronomie etwa und Verarbeiter wie Wursthersteller sind nicht beteiligt.
Ein Sprecher von Agrarminister Özdemir schrieb der taz, die Behörde prüfe diverse Finanzierungsmodelle. "Pauschale Prämien wie Direktzahlungen sind jedoch nicht geplant, stattdessen sollen Maßnahmen für eine bessere Tierhaltung gezielt honoriert werden."
jma/bw
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